Let's do Zukunft vor Ort

Wie die vierte Generation Nachhaltigkeit angeht

Martin und Eva betreiben bereits in vierter Generation einen Milchviehbetrieb, der Platz für 70 Milchkühe bietet. Mit Kälbern, Jungtieren und Zwergpudel Charly sind es insgesamt 121 Tiere. 2022 haben sie den Stall saniert und ihren Kühen so mehr Bewegungsfreiheit ermöglicht. Auch sonst setzen die beiden diverse Hebel in Bewegung, um ihren Betrieb in die Zukunft zu führen. Eine Hilfe ist dabei auch das QM-Nachhaltigkeitsmodul.

Die junge Familie blickt auf ein ereignisreiches Jahr 2022 zurück, in dem der Stall aufwändig saniert wurde. "Wir haben den Stall quasi im laufenden Betrieb ausgetauscht. Für uns war das schon recht anstrengend, aber es hat sich gelohnt“, erinnert sich Martin. Denn in diesem Jahr wurde ihr Betrieb mit der Haltungsform 3 zertifiziert. Sie sieht vor, dass den Tieren mehr Platz im Laufstall zur Verfügung steht und sie entweder über Weidegang, einen großen Laufhof verfügen oder großflächige Öffnungen der Stallaußenwände kontinuierlich für Frischluft von draußen sorgen. Außerdem muss das Futter frei von Gentechnik sein.

Die Haltungsformen wurden von der Initiative Tierwohl ins Leben gerufen und machen transparent, wie die Tieren auf den Höfen gehalten werden. Lange Zeit waren diese nur auf Fleischprodukte ausgewiesen. Doch seit Neuestem gibt es die Kennzeichen auch auf der Milchverpackung. Martin freut’s: „Die Verbraucher:innen können so einen aktiven Beitrag leisten, der direkt zum Landwirt fließt“.

Martins Hof

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Neuer Stall trägt zum Wohl der Kühe bei

Und wie stehen die Kühe zu dem Ganzen? “Die fanden es spannend und haben das Treiben um sie herum interessiert verfolgt.” Die Umbauten passierten in ihrem Sinne. Der Stall wurde zu einem modernen, zu drei Seiten offenen Boxenlaufstall mit einem isolierten Dach umgebaut. Damit ist es im Sommer nicht zu heiß und im Winter nicht zu kalt. Denn selbst bei minus 16 Grad ist der Stall frostfrei. Auch sonst kamen die Umbauten dem natürlichen Verhalten der Kühe entgegen. Sie haben nun noch mehr Bewegungsfreiheit und können frei entscheiden, wann sie sich hinlegen, fressen, wiederkäuen oder bewegen möchten. Kuhkomfort ist also garantiert!

Für Let's do Zukunft erklärt Martin, was sich so auf dem Futtertisch findet.

Neben den Kühen liegt den Hofbesitzer:innen der Boden am Herzen, den sie bewirtschaften. Das Stichwort ist Kreislaufwirtschaft. Sie ist die Grundlage einer nachhaltigen Landwirtschaft. Auch Eva und Martin streben einen möglichst geschlossenen Betriebskreislauf an, um so wenige Nährstoffe wie möglich zu verschenken. Es geht ganz wesentlich darum, Überschüsse zu vermeiden und bedarfsgerecht zu wirtschaften.

Wie sie dem Tag für Tag gerecht werden? „Wir wissen genau, was unsere Kühe an Nährstoffen brauchen. Wir fangen beim Trog an: Was ist drin im Futter und was kommt raus?“ Dafür führen sie Futtermittelanalysen durch, die den Nährstoffgehalt exakt berechnen. 85 Prozent des Futters kommen aus eigenem Anbau – von Feldern, die nicht weiter als fünf Kilometer entfernt liegen. Die kurzen Transportwege bedeuten einen geringen Dieselverbrauch. Das kommt sowohl der Umwelt als auch der eigenen Hofbilanz zugute.

Doch nicht nur das Futtermanagement ist eine wichtige Stellschraube, um nachhaltig zu wirtschaften. Auch bei der Düngung ihrer Felder überlassen sie nichts dem Zufall. “Wir können ermitteln, was unsere Kulturen für einen Bedarf an Stickstoff, Phosphor, Kalium und anderen Mikronährstoffen haben. Auf dieser Grundlage tragen wir die Gülle gezielt auf die Felder auf – genau so, wie es die Pflanzen brauchen”, so Martin.

Um zusätzlich Dünger einzusparen, setzen die beiden außerdem auf eine natürliche Fruchtfolge auf ihren Feldern. “Wir versuchen unsere Ackerflächen über den Winter zu begrünen”, erzählt Martin. “Wir pflanzen Blühstreifen direkt beim Mais und fördern so die Artenvielfalt. Außerdem bauen wir auf unserem Betrieb eine relativ weite Fruchtfolge mit Mais, Raps und Getreide an.” So wird der Boden das ganze Jahr über mit Nährstoffen versorgt sowie Insekten und kleinen Tieren ein Lebensraum geboten.

Das QM-Nachhaltigskeitmodul: Einer von mehr als 14.000

Was Landwirt:innen bei all dem Engagement für mehr Nachhaltigkeit generell interessiert, sind Fragen wie: Was machen wir bereits besonders gut? Wo gibt es noch Verbesserungspotenzial? Und wie steht unser Betrieb eigentlich im Vergleich dar? Das QM-Nachhaltigkeitsmodul ist hierfür eine wichtige Referenz. Es ist Ausgangspunkt für ein Netzwerk von mehr als 14.000 Landwirt:innen, die sich für eine nachhaltige Milchproduktion engagieren – auch Martin und Eva arbeiten zusammen mit ihrer Molkerei in dem Branchen-Tool.

“Das Modul ist ein Kriterienkatalog und Fragebogen, den wir Landwirt:innen in einem ersten Schritt ausfüllen und der von der Molkerei ausgewertet wird”, erklärt Martin. “Im Anschluss bekommt jeder Hof eine eigenen Bezugswert, der zeigt, wo man im Vergleich mit anderen Betrieben steht.” Diese so genannte Benchmark zeigt außerdem, wo jeder Hof ganz individuell ansetzen kann, um noch ein Stück nachhaltiger zu werden.

14.000+
Mehr als 14.000 Betriebe arbeiten in Deutschland mit dem QM Nachhaltigkeitsmodul. Martins Hof ist einer von ihnen.

Der Leitgedanke hinter dem Modul lautet: Je breiter der Kriterienkatalog ist, desto besser eignet sich das Tool auch für die tägliche Arbeit auf den Höfen. Denn jeder Betrieb ist anders und benötigt eine individuelle Betrachtung. Besonders ist auch, dass die Kriterien Nachhaltigkeit ganzheitlich erfassen und alle vier relevanten Dimensionen abdecken – von Ökologie, über Soziales und Ökonomie bis hin zum Tierwohl. Dabei werten die Molkereien die Daten nicht nur aus, sondern sie bieten auch Schulungsprogramme für die Betriebe an. So will die Branche gemeinschaftlich und datenbasiert für eine nachhaltige Milchproduktion sorgen. Nicht zu vergessen: Es fördert den Dialog innerhalb der Landwirtschaft.

Damit ist es auf einer Linie mit dem, was die Landwirtschaft seit eh und je auszeichnet. Man hilft einander, tauscht Wissen aus und greift sich gegenseitig unter die Arme: „Wir teilen unseren Maschinenpark oder kompensieren Leistungsspitzen, indem wir auf dem benachbarten Hof mit anpacken. In der Landwirtschaft macht man das so“, erklärt Martin. Und das auch noch in der vierten Generation.