Fakten über Milch
Sie galt Jahrtausende als überlebenswichtiges Grundnahrungsmittel – und dennoch steht sie seit jüngster Vergangenheit vor neuen Herausforderungen. Über Milch von Kühen sind allerlei Behauptungen im Umlauf, die nicht nur ihren Nährwert infrage stellen, sondern zum Teil sogar vor ihrem Verzehr warnen. Was ist dran an diesen Mythen? Wir klären auf!
Berlin, Oktober 2021
Von Diabetes bis Krebs, von Arteriosklerose bis Osteoporose – die Milch gilt immer wieder als Sündenbock im Zusammenhang mit einer Vielzahl von Krankheiten. Fakt ist, das bisher keine Studie eindeutig einen Zusammenhang zwischen Erkrankungen und Milchkonsum belegen konnte. Im Gegenteil: Manche Inhaltsstoffe der Milch werden sogar als unterstützend bewertet, um bestimmte Krebsarten vorzubeugen1. Es ist wie nahezu bei jedem Lebensmittel – die Menge macht’s! So empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) einem Erwachsenen pro Tag den Genuss von 200 bis 250 Millilitern Milch (also ein Glas) sowie zwei Scheiben Käse und erklärt auf ihrer Website: „Milch und Milchprodukte spielen eine wichtige Rolle für die Nährstoffversorgung, insbesondere durch den Mineralstoff Kalzium“.
Vor allem in der Pubertät sind Menschen auf der ganzen Welt von fiesen Pickeln geplagt. Die häufig verzweifelten Teenager bekommen dabei allerlei mehr oder wenige hilfreiche Tipps zu hören. Einer davon: auf Milch und Milchprodukte verzichten! Dabei gibt es auch hier keine aussagekräftigen Untersuchungen, die der Milch bei der Entstehung von Akne den schwarzen Peter zuschieben können. Das liegt vor allem daran, dass die Gründe für eine schlechte Haut vielfältig und individuell sind: von Hormonschwankungen über die genetischen Anlagen bis hin zu Umwelteinflüssen. Ein kompletter Verzicht von Milch könnte also für manche vielleicht von Vorteil sein – während andere von ihren Inhaltsstoffen wie Jod oder Vitamin B12, die wichtig für die Hautgesundheit sind, in ihrem Kampf gegen Akne profitieren.
Wir kennen diesen Rat vor allem bei Erkältungen: Bloß die Milch weglassen, das macht es sonst nur noch schlimmer! Diese Empfehlung stammt – neben unserer Oma – vor allem aus der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM). Denn der Milch wird eine „verschleimende“Wirkung nachgesagt. Wissenschaftliche Studien können dies aber in keinster Weise bestätigen2. Und auch die gute alte Milch mit Honig darf bei grippalen Infekten weiterhin bedenkenlos getrunken werden.
Besonders in jüngeren Jahren ist es nahezu ein „Trend“, über eine (vermeintliche) Laktoseintoleranz zu klagen. Tatsächlich sind laut Angaben des Bundeszentrum für Ernährung (BzfE) etwa 15 Prozent der Bevölkerung von einer Laktoseintoleranz betroffen3: Sie können den Milchzucker nicht verwerten. Das kann zu Symptomen wie Sodbrennen oder Durchfall unmittelbar nach dem Verzehr führen. Für sie ist ein unbedingter Verzicht auf Milch nicht nötig. Zum einen enthalten viele Milchprodukte ganz natürlich kaum oder gar keine Laktose, etwa gereifter Käse. Bei ihm wird die Laktose schon beim Herstellungsprozess durch die eigenen Käsekulturen verstoffwechselt. Zum anderen gibt es mittlerweile etliche laktosefreie Varianten von Milch und Milchprodukten sowie das fehlende Enzym in Form von Tabletten, die vor dem Essen genommen werden können.
Hafer-, Soja- oder Mandeldrinks gehören mittlerweile in nahezu jedem guten Café zum Angebot. Auch Zahlen belegen, dass der Markt der pflanzlichen Produkte Wachstumspotenzial hat4. Ist das das Ende der klassischen Kuhmilch? Zunächst einmal: Die hohen Wachstumsraten sind auch mit dem niedrigen Ausgangsniveau zu erklären. So sind hohe Zuwächse kein ungewöhnlicher Vorgang bei innovativen Produkten. Das Umsatzniveau klassischer Milch können die neuen Anbieter jedoch noch lange nicht erreichen. So steigt beispielsweise der Verbrauch von Käse oder Quark5 seit Jahren. Auch die klassische Konsummilch erlebte 2020 ein Comeback, ihr Pro-Kopf-Verbrauch stieg leicht, um 0,8 Prozent auf 49,9 Kilogramm pro Jahr. Das Interesse an veganen Produkten ist jedoch in der Gesellschaft angekommen, Flexitarier:innen schätzen die zunehmend größere Auswahl. So kommt es aktuell zu einem Nebeneinander tierischer und pflanzlicher Produkte, nur 4 Prozent der Deutschen wollen laut einer Befragung des TÜV Süd Kuhmilch vollständig durch pflanzliche Drinks ersetzen.6 Ein Vorteil der Milch: die einfache Zutatenliste ohne Zusatzstoffe bei vollem Gehalt an hochwertigem Eiweiß und Mineralstoffen.
Immer wieder wird versucht, Milch und Milchprodukten den schwarzen Peter in Sachen Klimawandel unterzuschieben. Vor allem Butter soll eine Klimasünde sein, da sie ein konzentriertes Milchprodukt ist und für den Methanausstoß der Kuh steht. Mit Augenmaß betrachtet sind Bereiche wie Mobilität und Energie mit sehr viel mehr Emissionen verbunden als die Portion Butter von 10 Gramm auf dem Brot. Für einen einfachen Inlandsflug Berlin - München berechnet Atmosfair.de 308 kg CO2 pro Kopf. Das entspricht etwa 150 Päckchen Butter (250 g) – eine Menge, die wir in etwa sechs Jahren pro Kopf konsumieren.78 Fakt ist: Emissionen aus der Tierhaltung bilden mit rund sieben Prozent einen vergleichsweise geringen Teil der Gesamtemissionen. Das Methan aus der gesamten Tierhaltung in Deutschland macht nur ca. 3,2 Prozent der Gesamtemissionen aus9. Zudem sind nach aktuellem Stand des Weltklimarates (IPCC) die Zusammenhänge aus dem System zwischen Luft, Boden, Gras und Tier noch nicht ausreichend bekannt. So zeigen zum Beispiel Satellitenbilder über Brasilien – einem Land mit besonders viel Rinderherden – eine eher geringe Methankonzentration in der Atmosphäre. Im stark industrialisierten China ist sie dagegen besonders hoch. Dennoch: Landwirt:innen und Molkereien treiben weltweit Innovationen voran, um den Methanausstoß zu verringern, u. a. durch Forschung zu verbesserten Fütterungsmethoden und neue Stalltechnologien.
Initiative Milch 2.0 GmbH
Französische Straße 13
10117 Berlin
Kerstin Wriedt
presse@initiative-milch.de
1 WCRF Report 2018
2 Kompetenzzentrum für Ernährung (KErn): Freispruch für die Milch, S. 34f (S. 31 im PDF)
3 Bundeszentrum für Ernährung: Milch in der Ernährung
4 Milch News: Globales Wachstum im Bereich der Milchsubstitute
5 BMLE Statistik: Versorgungsbilanzen Konsummilch
6 TÜV Süd Umfrage: Kuhmilch ist weiterhin beliebt bei Verbrauchern
7 Milchindustrie-Verband: Pro-Kopf-Verbrauch von Milchprodukten
8 Berichte über Landwirtschaft, Zeitschrift für Agrarpolitik und Landwirtschaft:
CO2-Fußabdrücke für Milch und Milchprodukte, Kilogramm CO2/je Kilogramm Produkt, Abbildung 9
9 Umweltbundesamt 2022: Treibhausgasemissionen in Deutschland